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Ein Preis für Klarheit, Neugier und die Kunst des Erklärens

18.11.2025

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft verleiht den Robert-Wichard-Pohl-Preis für 2026 an Prof. Dr. Matthias Bartelmann von der Universität Heidelberg. Ausgezeichnet wird ein Wissenschaftler, der theoretische Astrophysik und Kosmologie erforscht – und gleichzeitig seit Jahrzehnten dafür sorgt, dass physikalische Ideen ihren Weg in junge Köpfe und in die Öffentlichkeit finden. Seine Lehrbücher gelten vielen Studierenden als Standardwerke, und seine populärwissenschaftlichen Beiträge haben weit über die Universität hinaus Wirkung entfaltet.

Für Bartelmann selbst hat diese Ehrung eine besondere Bedeutung. „Die Vermittlung der Physik ist mir ähnlich wichtig wie die Arbeit daran und das Nachdenken darüber“, sagt er. Schon als Schüler habe er begonnen, astronomische Inhalte für die Öffentlichkeit aufzubereiten. Mit den Jahren wanderten seine Interessen von der Astronomie zur Astrophysik und schließlich zur theoretischen Physik – der Wunsch, Wissen verständlich und begeisternd weiterzugeben, blieb jedoch. „Der Preis zeichnet aus, was meinen Beruf so wertvoll macht: meinen wissenschaftlichen Interessen nachgehen zu dürfen, über ihre Grundlagen nachzudenken und sie so darzustellen, dass sie Begeisterung wecken.“

Ein zentraler Motor seiner Forschung ist die Faszination für die Einfachheit hinter der Komplexität. Physik, so beschreibt er, sei ein ständiger Prozess der Abstraktion: das Wichtige vom Unwichtigen trennen, Strukturen freilegen, die verborgen liegen. „Oft führt langes Nachdenken auf krummen Wegen zu einem Ziel, an dem klar wird, dass es gerade, einfache Wege gibt, die dieses Ziel mit Bekanntem verbinden“, sagt er. „Diese Herangehensweise hört nicht auf, mich zu faszinieren.“

Dass ihm diese Klarheit ein Herzensanliegen ist, zeigt sich nicht nur in seiner Forschung, sondern auch in seinen Veröffentlichungen. Besonders am Herzen liegen ihm zwei Aufsätze für ein öffentliches Publikum, in denen er sich mit der Rolle der Wissenschaft und der Entwicklung physikalischer Erkenntnis auseinandersetzt: Über den Erfolg der Physik – Erkenntnisgewinn aus Empirie und Theorie (2022) sowie der Beitrag Development of Cosmology: From a Static Universe to Accelerated Expansion (2012). Beide Texte zeigen die enge Verzahnung von theoretischem Denken und empirischer Überprüfung, die ihm an der Physik so wichtig ist.

In der Lehre hat Bartelmann ebenfalls Maßstäbe gesetzt. Sein umfangreiches Lehrbuch Theoretical Astrophysics – An Introduction war eines seiner größten Projekte als einzelner Autor und hat unzähligen Studierenden den Einstieg in die moderne Astrophysik erleichtert. Und bereits jetzt zeichnet sich ab, dass sein neuestes, mit Sara Konrad verfasstes Werk *Moderne Physik 2* eine ähnlich prägende Wirkung entfalten könnte: Es bündelt zentrale Konzepte der modernen theoretischen Physik in einer außergewöhnlich klaren, strukturierten Darstellung.

Bekannt ist Bartelmann ohnehin für seine zugänglichen, präzisen Erklärungen. Der Grund dafür liegt, wie er erzählt, im konsequenten Fokus auf die Denkweise der Physik. Er bemühe sich, jede Schlussfolgerung auf grundlegende Prinzipien zurückzuführen und keine Aussage „in der Luft hängen zu lassen“. Ebenso wichtig sei für ihm eine präzise, einfache Sprache – in Vorlesungen wie in Skripten und Büchern.

Die Lehre selbst ist für ihn ein stetiger Dialog. Immer wieder seien es Fragen von Studierenden, die ihn überraschen oder neu herausfordern. „In jeder meiner Vorlesungen gibt es Momente, in denen Studierende etwas in Zweifel ziehen, was ich bis dahin für selbstverständlich gehalten hatte.“ Diese ständige Herausforderung, inhaltlich von jungen Menschen in Frage gestellt zu werden und dadurch bessere Begründungen finden zu müssen, mache für ihn einen wesentlichen Reiz der akademischen Lehre aus: „Wer lehrt, der lernt – egal für welches Publikum.“ Jungen Menschen, die überlegen, Physik zu studieren, rät Bartelmann zu Geduld und Selbstvertrauen. Man solle sich von der eigenen Eignung und Neigung leiten lassen und zugleich Zeit mitbringen, Unsicherheiten auszuhalten. „Scheut euch nicht, durch dieselben Gedanken immer wieder zu gehen, wenn diese gedankliche Wendeltreppe nur immer tiefer führt“, sagt er, denn alles, was echte Substanz bekommen soll, müsse reifen.

Mit dem Robert-Wichard-Pohl-Preis würdigt die DPG nicht nur wissenschaftliche Exzellenz, sondern auch die Fähigkeit, Wissen lebendig, präzise und zugänglich zu machen – eine Fähigkeit, die Bartelmann in Forschung und Lehre gleichermaßen auszeichnet.

Die Fakultät für Physik und Astronomie gratuliert Prof. Matthias Bartelmann sehr herzlich zu dieser besonderen Auszeichnung.

 

Literatur (Auswahl)

Über den Erfolg der Physik – Erkenntnisgewinn aus Empirie und Theorie
In: A. Bartels & D. Lehmkuhl (Hrsg.), Weshalb auf die Wissenschaft hören?, Springer Nature, 2022
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-65688-4

Development of Cosmology: From a Static Universe to Accelerated Expansion
In: B. Falkenburg & W. Rhode (Hrsg.), From Ultra Rays to Astroparticles, Springer, 2012, S. 49 ff.
https://link.springer.com/book/10.1007/978-94-007-5422-5

Theoretical Astrophysics – An Introduction
Lecture Notes in Physics, Heidelberg University Publishing
https://heiup.uni-heidelberg.de/catalog/book/822

Moderne Physik 2 (Sara Konrad & Matthias Bartelmann)
Institut für Theoretische Physik, Universität Heidelberg
https://www.thphys.uni-heidelberg.de/~bartelmann/books/modPhys2/

MATTHIAS BARTELMANN